Öffentliche Großbaustellen: zu teuer, zu langwierig, zu wenig kontrolliert

FREIE WÄHLER fordern besseres Projektmanagement bei Projekten der öffentlichen Hand

Öffentliche Großbaustellen fallen immer wieder dadurch auf, dass sie deutlich länger bestehen als vergleichbare privatwirtschaftliche Projekte, am Ende deutlich mehr kosten als ursprünglich veranschlagt und oft auch schon kurze Zeit nach der endlich erfolgten Fertigstellung bereits erste Mängel aufweisen. Eines von zahlreichen Beispielen hierfür ist das Autobahnkreuz Mainz-Süd, über dessen überlange Bauzeit verbunden mit einer Verdreifachung der Baukosten erst kürzlich in der Presse ausführlich berichtet wurde (Allgemeine Zeitung vom 26.06.2023). Christian Weiskopf, Vorsitzender der FREIE WÄHLER Kreisvereinigung MAINZ, im Beruf Projektleiter u.a. für Großbaustellen stellt hierzu fest: „Bei dem Bauprojekt Autobahnkreuz Mainz-Süd gibt es keine baulichen Herausforderungen, die eine Überschreitung der geplanten Bauzeit und der geplanten Kosten in dieser Größenordnung rechtfertigen. Und manche Dinge werden gar nicht erst angegangen.

„Seit ca. einem Jahr ist ein ca. 30 m langes Stück Leitplanke auf der A 60 nach einem Unfall, im Bereich zwischen Abfahrt Finthen und Abfahrt Lerchenberg beschädigt ohne dass es Anzeichen für eine anstehende Beseitigung dieser Gefahrenstelle gibt.“ Christian Weiskopf

Woran aber liegt es, dass vor allem bei Projekten der öffentlichen Hand diese Probleme auftauchen? Der Generalsekretär der FREIEN WÄHLER Christian Zöpfchen findet hierfür eine ebenso einfache wie einleuchtende Erklärung: „Die Verwaltungsstrukturen sind auf allen Ebenen, angefangen von den Kommunen über das Land bis hin zum Bund, nicht auf solche Projekte ausgelegt. Es fehlt an juristischen Ressourcen, um die notwendigen Verträge sicher, umfassend und zielführend zu formulieren, es fehlt an Personal für eine konsequente begleitende Kontrolle der Maßnahme. Oft genug sind sogar schon die Ausschreibungen nicht ausreichend konkretisiert und ausformuliert, weil es auch da an den notwendigen Sachkenntnissen mangelt und spezialisierte Fachkräfte von außen zu teuer erscheinen bzw. nicht verfügbar sind.“ Die Folge: die Ausschreibungen lassen den ausführenden Firmen zu viele Spielräume, z.B. in der Qualität der Ausführung oder auch im Zeitmanagement. Da wird dann auch schon mal eine Baustelle längere Zeit stillgelegt, um noch einen anderen Auftrag annehmen und dazwischen schieben zu können. Auch die Vergaberichtlinien im öffentlichen Bereich sind nicht dazu angetan, die Kosten zu senken und die Bauzeiten zu verkürzen: wer günstiger als andere anbietet und damit den Auftrag erhält, wird möglicherweise zum einen im Bereich Qualität einsparen und zum anderen weniger Personal (möglicherweise auch weniger qualifiziertes Personal) einsetzen um damit Kosten zu sparen.

„Hier muss in der Politik dringend ein neuer Weg beschritten werden“ sagt Christian Zöpfchen. „Die Vergaberichtlinien gehören schon lange auf den Prüfstand und müssen gründlich überarbeitet werden. Mit einigen zum Teil sehr einfachen Änderungen kann hier viel erreicht werden, wie uns z.B. die Schweiz und andere Länder vormachen. Dann müssen die Verwaltungsstrukturen in die Lage versetzt werden, bei Großprojekten zumindest annähernd so effektiv ausschreiben zu können, wie dies in der Privatwirtschaft der Fall ist. Wir brauchen bei den Projekten der öffentlichen Hand ein deutlich besseres Projektmanagement, von der Ausschreibung über die Ausführungskontrolle bis hin zur Abnahme des fertigen Projektes.“

Fotos: Christian Zöpfchen und Christian Weiskopf

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