Dem föderalen Aufbau der Bundesrepublik Deutschland entsprechend hat jede Ebene ihre eigenen Zuständigkeiten. Bildungspolitische Debatten über Lehrpläne gehören z.B. in den Landtag, Diskussionen über Grundsätze der deutschen Außenpolitik z.B. in den Bundestag. Die Aufgaben des Stadtrates Koblenz ergeben sich aus § 32 GemO, wonach dieser die Grundsätze für die Verwaltung der Gemeinde festsetzt und über alle Selbstverwaltungsangelegenheiten beschließt. Der eigentliche Aufgaben- und Zuständigkeitsbereich ist damit klar auf den Wirkungskreis der Stadt Koblenz eingegrenzt. Sinn und Zweck dieser Regelung ist es auch, das kommunale Arbeiten nicht durch Debatten zu lähmen, die dort nicht hingehören. Dies dient dem inneren Frieden und der Stabilität. Es war über Jahrzehnte unausgesprochene Regel, dass auch im Stadtrat Koblenz im Rahmen der Zuständigkeiten in neutraler Umgebung zu dem jeweiligen Tagesordnungspunkt gesprochen wurde. Die Ratsmitglieder übten sich ansonsten in Zurückhaltung im Hinblick auf Themen, die nicht in den Stadtrat gehören. Dieser unausgesprochene Grundsatz wurde von Grünen und Linken Ratsmitgliedern aufgekündigt, in dem diese den Protest zu ihren weltanschaulichen Vorstellungen mittels Antifa-Symbolen in den Stadtrat trugen. FREIE WÄHLER hatte den Oberbürgermeister deswegen gebeten, die Frage der rechtlichen Zulässigkeit zu prüfen. Wie das Rechtsamt mitteilte, sei es zulässig, die Sympathiebekundung mit der „Antifa“ im Stadtrat an Kleidungsstücken zu tragen. Dies führte bei Ratsmitgliedern der Grünen- und der Linksfraktion zu der irrigen Annahme, dass damit jegliche Art der Darstellung der weltanschaulichen Vorstellungen erlaubt sei. Dies ist aber nicht der Fall.
Im Spannungsfeld zwischen dem individuellen Recht auf Meinungsfreiheit in Form der Dauerkundgabe der eigenen weltanschaulichen Haltung auf der einen Seite, und dem Recht auf Meinungsfreiheit in Form der Dauerkundgabe der eigenen weltanschaulichen Haltung anderer Ratsmitglieder sowie der Fokussierung auf den eigentlichen Zuständigkeitsbereich des Stadtrates auf der anderen Seite, überschreitet das Anbringen von Aufklebern, Protestplakaten usw. an Einrichtungsgegenständen des Parlamentes klar die Grenze des Zulässigen. Damit tritt die eigentliche Aufgabe des Stadtrates in den Hintergrund und die gesellschaftspolitische Nebendebatte in den Vordergrund. Dies konterkariert aber die Aufgabenbewältigung, die dem Stadtrat im Rahmen des § 32 GemO zugewiesen wurde. Nachdem der OB trotz Aufforderung zur Widerherstellung der geübten Ordnung, nicht von seinem Hausrecht Gebrauch machte, hat die FREIE WÄHLER Fraktion den Sitzungssaal verlassen. Als Folge dieser ganzen Angelegenheit haben sich die Fraktionen nun darauf verständigt, die räumlichen Grenzen des individuellen Rechtes auf Meinungsfreiheit in Form der Dauerkundgabe der eigenen weltanschaulichen Haltung neu zu verhandeln, um dies dann künftig in der Geschäftsordnung festzuschreiben. FREIE WÄHLER hätte es lieber gesehen, wenn sich alle Fraktionen darauf verständigt hätten, künftig auf sämtliche Dauerkundgaben der eigenen weltanschaulichen Haltung zu verzichten und sich auf den eigentlichen Aufgabenbereich zu beschränken. Wir akzeptieren aber, dass es für manche Menschen im Jahr 2019 zum Lebensinhalt zählt, dauernd und immerwährend ihre weltanschauliche Haltung nach außen tragen zu wollen. Wichtig ist aber, dass Regeln festgelegt werden, wo die Grenzen im Parlament für derartige Dauerdemonstrationen verlaufen. FREIE WÄHLER setzen dabei auch auf die Einsichtsfähigkeit der Grünen und der Linken. Denn was für Grüne und Linke gilt, gilt dann auch für andere politische Lager. Dessen sollten sich die Beteiligten bewusst sein.