Joachim Streit: Inzidenzen künftig nach Haushalten bemessen.
Landräte in der Region kritisieren das Festhalten an alten Inzidenzregeln in der Corona-Krise. Joachim Streit, Landrat des Eifelkreises Bitburg-Prüm und künftig Fraktionschef der Freien Wähler im Mainzer Landtag, forderte neue Berechnungen, berichtet der Volksfreund. In einem Schreiben an das rheinland-pfälzische Gesundheitsministerium schlägt Streit vor, die Schwellenwerte nach Haushalten und nicht nach einzelnen Infizierten zu bemessen. „Durch die Mutation sind nun in der Regel alle Mitglieder eines Hausstandes infiziert. Dies führt zu dem besonderen Ansteigen der Inzidenzwerte. Zum Teil haben wir auch Großfamilien im Eifelkreis mit bis zu 14 Infizierten“, so Streit in dem Schreiben.
Der künftige Fraktionschef rechnet vor, dass im Eifelkreis 102 Menschen infiziert gewesen seien, aber nur 68 Hausstände. „Mit der Betrachtung der Inzidenzwerte und der daran gekoppelten Bremsen sollte ein Aufwachsen in der Fläche verhindert werden. Wenn der Aufwuchs aber in den Hausständen stattfindet, taugen die alten Grenzwerte nichts.“ Die Landesregierung verteidigt das bundesweit einheitliche Vorgehen, das sich an Vorgaben des Robert Koch-Instituts orientiere. Damit werde das Infektionsgeschehen besser abbildet. Denn jeder Infizierte habe eigene Kontakte zu anderen Menschen.
Verzicht auf Ausgangssperren
Streit kritisierte das Land zugleich dafür, bei Inzidenzen über 100 auf Ausgangssperren zu pochen. „Da wird mit Kanonen auf Spatzen geschossen. Bürger können dann ja abends nicht mal mehr allein spazieren gehen.“ Sinnvoller sei es, eher Kontakte zu begrenzen, bevor eine Ausgangssperre verhängt werde. Trotz einer Inzidenz über 100 verzichtete der Landrat des Kreises Vulkaneifel, Heinz-Peter Thiel auf eine Ausgangssperre. Auch er hatte sich für ein Umdenken in der Corona-Strategie ausgesprochen. Neben dem Inzidenzwert müsse auch die Impfquote bei den Maßnahmen berücksichtigt werden.
Auch der Trier-Saarburger Landrat Günther Schartz (CDU) plädiert für ein „Leben mit Corona“ schreibt der Volksfreund. „Wir legen Wert auf umfassende Testungen, um dann eine möglichst komplette Wiederherstellung gesellschaftlichen Lebens vorzubereiten“, sagt Schartz, der auch Vorsitzender des rheinland-pfälzischen Landkreistags ist. Er begrüßt, dass die Landesregierung neben einer Notbremse ab einer Inzidenz von über 100 eine verschärfte Notbremse für Regionen verlangt, die an drei Tagen hintereinander über 200 liegen. In solchen Fällen soll es dann unter anderem eine zusätzliche Testpflicht für den Besuch beim Friseur oder der Fahrschule geben.
Quelle: Volksfreund